Der VLW 1990 bis 2010
Von Frieder Heil
Die bildungspolitische und personalpolitische Ausgangslage zu Beginn des letzten Jahrzehnts in diesem Jahrtausend aus Sicht des VLW: Die Berufsfachschule Wirtschaft steht in der Diskussion, der VLW fordert das 8 + 2- Modell, Kultusminister Gölter (CDU) lehnt ab, das könne man den Hauptschulen nicht antun. Der Klassenbildungserlass wird streng ausgelegt, der VLW fordert Ausnahmegenehmigungen zum Erhalt der Fachklassen in ländlichen Gebieten. Zudem wird vom VLW der Ausbau der Fachschulen gefordert. Der VLW unterstützt die Gründung des VLW in Thüringen, wobei sich hier insbesondere Landesvorsitzender K. Flörchinger, E. Illmann, G. Jooß und I. Havel-Scheuermann engagieren und intensive Kontakte fördern. Personalpolitisch protestiert der VLW, dass die Lehrerarbeitszeitverkürzung, welche andere Schularten bereits erhalten haben, an der BBS erst mit 2jähriger Verspätung gelten soll. Zudem erstellt der VLW (insbesondere durch Kurt Rollfinke, der in diesem Jahr völlig überraschend verstirbt) einen beeindruckenden Belastungskatalog, um zu dokumentieren, dass die BBS unzureichend gewürdigt werden.
Im Kultusministerium vollzieht sich 1991 ein historischer Wechsel durch den Wahlsieg der SPD: Rose Götte wird erste sozialdemokratische Kultusministerin, die dann auch auf dem VLW-Bildungskongress im März 1992 das Hauptreferat hält und mehr Demokratie und Pädagogik in den rheinland-pfälzischen Schulen einfordert. In den Schulen hält ab 1993 zunehmend pädagogisch die „Handlungsorientierung“ Einzug und findet sehr unterschiedliche Zustimmung. Ab 1994 engagiert sich der VLW bildungspolitisch insbesondere für die Weiterentwicklung der höheren Berufsfachschulen und vor allem für die Möglichkeit der Ablegung der IHK-Prüfung, was allerdings an dem enormen Widerstand aus IHK-Richtung nicht umgesetzt wird.
Neuer Kultusminister ist seit 1994 Prof. Dr. Zöllner (SPD) und dieser hebt auf dem bildungspolitischen Kongress des VLW 1995 insbesondere die Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung hervor. Arbeitstechnisch ändert sich an den BBS in enormen Maße der Unterricht durch die starke Zunahme des EDV-Unterrichts; hier ist es insbesondere die Entlastung für die Systembetreuung, die der VLW fordert, da viele EDV-Lehrkräfte dies ohne die geringste Anrechnung leisten.
Verbandsintern gibt sich der VLW im Januar 1998 eine neue Satzung. Einher damit gingen Neuwahlen zum Landesvorstand. Nach 25 Jahren intensiver Verbandsarbeit wurde Klaus Flörchinger verabschiedet und gewürdigt. Georg Jooß wurde als sein Nachfolger gewählt, neuer Stellvertreter wurde neben Gisela Wüsten nun Joachim Willemsen. Verbandsintern geht die Öffentlichkeitsarbeit neue Wege und präsentiert ab nun das Forum“ als neue, gut lesbare Verbandsschrift. Personalpolitisch große Sorge machten dem VLW die ¾-BAT-Verträge, gegen die der Verband intensiv und nachhaltig kämpft. Die Einführung von Lernfeldern als Ablösung der Unterrichtsfächer im Bereich der Berufsschule waren bildungspolitische Neuerungen, die auf geteiltes Echo stießen. Im Juni 1999 geht der langjährige Leiter der Abteilung 4 D Martin Decker in den Ruhestand, sein Nachfolger wird Dr. H-J. Berg. Georg Jooß kann als neuer Landesvorsitzender einen ersten Erfolg in der ¾-BAT-Schlacht verkünden, da in bestimmten gesuchten Fächerkombinationen wieder Beamtenstellen angeboten werden. Minister Zöllner gibt bekannt, dass alle Personalentscheidungen zukünftig bei der ADD in Trier angesiedelt sind und die bisherigen BPR in Koblenz, Trier und Neustadt in einen gemeinsamen BPR übergehen. Im März 1999 feiert der VLW auf Schloß Waldthausen sein 50jähriges Bestehen mit einer imposanten Festveranstaltung, auf der Minister Zöllner die Einführung der Altersteilzeit ankündigt, was vom VLW schon lange gefordert wurde. Allerdings geriet die restliche Rede, insbesondere wegen Zöllners Verteidigung der ¾-BAT-Verträge in die heftige Kritik des VLW.
Das Jahr 2000 beginnt für den VLW mit einer Landesdelegiertenversammlung, auf der bildungspolitische Urgesteine aus dem Landesvorstand unter großem Beifall verabschiedet werden: G. Neumann als Beiratsvorsitzender und N. Hummel, die 25 Jahre lang Schatzmeisterin des VLW war. Jürgen Kettner wird neuer stellvertretender Landesvorsitzender. Das Jahr 2000 war das Einführungsjahr der BOS, die vom VLW stark begrüßt wurde. Mitte des Jahres gab es die erlösende personalpolitische Nachricht: Endlich werden wieder alle Referendare/innen auf volle Beamtenstellen übernommen – ein zäher und harter Kampf seitens des VLW ist erfolgreich gewonnen. Ein allerdings bis heute nicht behobenes Ärgernis findet Eingang in die Berufsschule: Die BBU-Note. Freude herrschte Ende des Jahres über das gute Abschneiden des VLW bei den Wahlen zum ADD-Personalrat, wo jetzt Gisela Wüsten, Frieder Heil und Gernot Kormann den VLW vertreten.
Zu Beginn des Jahres 2001 endlich ein Durchbruch im Bereich der Systembetreuung – langes Bohren hat sich gelohnt. Ende 2001 bringt dann ein weiteres Novum: dem Bewerbermangel an den BBS will man mit der Einführung von Quer- und Seiteneinstieg begegnen. Im Ministerium löste die bisherige Staatssekretärin Doris Ahnen Prof. Zöllner ab. Sie erweist sich in allen Gesprächen mit dem VLW außerordentlich gut über die BBS-Probleme informiert, was man über manche Vorgänger nicht immer sagen konnte.
Auch das Jahr 2002 wartet mit Neuerungen auf, da das Beförderungssystem nach A14 nun rein leistungsbezogen umgestaltet wurde, allerdings noch erhebliche Mängel im Verfahren erkennbar sind und prompt zu erheblichen Verärgerungen in der Beförderungsrunde führen. Erste Erfahrungen werden auch mit der neu eingeführten Leistungsprämie gesammelt und alsbald auch wieder abgeschafft. Ein Thema gewinnt immer mehr Raum: Die Lehrergesundheit wird zunehmend als gefährdet erkannt. Der VLW reagiert mit einer Reihe von Fortbildungsveranstaltungen, die sehr großen Zuspruch haben. Im November veranstaltet der VLW eine sehr gut besuchte Fachtagung in der u.a. die Reform der beruflichen Wahlschulen im Vordergrund stehen.
Das Jahr 2003 war durchzogen von dem Protest gegen die andauernden finanziellen Verschlechterungen. Bildungspolitisch liefen im Hintergrund sehr viele Gespräche zur Neuordnung der beruflichen Wahlschulen. Die künftige Trennung der bisherigen 2jährigen Berufsfachschule in eine BF I und BF II führte zu vielen konträren Diskussionen auf allen Ebenen. Neu in der bildungspolitischen Diskussion tauchen die „Lernbausteine“ auf. Im November dann ein Generationenwechsel im Landesvorstand: Karl-Heinz Fuß wurde zum neuen Landesvorsitzenden des VLW gewählt. Einher damit ging die Verabschiedung aus dem Landesvorstand von Karl-Heinz Helling, der 33 Jahre im VLW-Landesvorstand außerordentlich engagiert war. Ebenso wurden die beiden ehemaligen Vorsitzenden Helga Giebson und Klaus Flörchinger und des Weiteren Hans Lemke als Mitglieder des Beirates verabschiedet.
Das Jahr 2004 und 2005 war bildungspolitisch durch die geplanten Änderungen in der BFI und BF II geprägt, die Übergänge und das Förderkonzept wurden stark diskutiert. Insbesondere die Belastungen in der BF I wurden als deutliches Manko der neuen Konzeption herausgestellt. Auf seiner Landesdelegiertenversammlung werden die Probleme der neuen Konzeption heiß mit den bildungspolitischen Sprechern der Parteien diskutiert; der VLW führt zahlreiche Evaluations-Fortbildungsveranstaltungen mit überwältigender Teilnahme der Mitglieder durch. Die Einführung der BOS II im Rahmen der Strukturreform wird seitens des VLW außerordentlich begrüßt. Dann im Spätjahr ein neues Thema: Das Land richtet die AQS ein. Personalpolitisch hat sich der VLW in den BPR- und HPR-Wahlen positiv behauptet und sendet jeweils drei Vertreter in den BPR und HPR.
Der Beginn des Jahres 2006 war geprägt durch die Forderung nach Sozialarbeit in der BF I . Das Land reagiert auf die Situation mit dem Ausbau der Schulsozialarbeit an 18 Standorten.
Außerordentlich ärgerlich und ein Dauerbrenner: Die Absetzbarkeit des Arbeitszimmers wird von Seiten des Bundes gestrichen, durch den DBB werden Klagen angestrengt, die bis heute andauern. Eine Trauernachricht ereilt den VLW: Der ehemalige Landesvorsitzende Klaus Flörchinger ist gestorben. Bildungspolitisch ist das Jahr geprägt durch die Diskussion um die Neuordnung der HBF mit Seitenausstieg und Kammerprüfung. Personalpolitisch äußerst ärgerlich: Die Altersteilzeit soll negativ abgeändert werden, ebenso soll die Eingangsbesoldung um eine Gehaltsstufe angesenkt werden; beides lehnt der VLW strikt ab.
Diese Proteste führen zu Beginn 2007 zur Rücknahme der geplanten Besoldungsabsenkung! Im März 2007 hat die VLW-Fachtagung in Mainz wieder einen außerordentlichen Zuspruch, AQS, Altersteilzeit und Neuordnung der HBF sind Magnete bei den angebotenen Foren. Dann im Spätjahr 2007 der Schock für den VLW und die BBS: Das Land verkündet die Abschaffung der Hauptschule, die Einführung der „Realschule plus“ und verbunden damit die Einführung einer 2jährigen FOS an der „Realschule plus“ quasi als „Zuckerl“ für die Realschule, um dieser die neue Schulform schmackhaft zu machen. In scharfen Stellungnahmen lehnt der VLW die FOS ab und fordert ein Verzicht der Maßnahme, die als existenzieller Angriff auf die BBS und als Systembruch bezeichnet wird. Im Spätjahr wird der Landesvorstand im Amt bestätigt, die Landesdelegiertenversammlung in Trier formuliert einen außerordentlichen Protest gegen die neue FOS.
Das ganze Jahr 2008 war geprägt durch Dutzende Gespräche mit allen Entscheidungsträgern und Landtagsparteien zur Schulreform. Im Schulterschluss mit dem VLBS wurden intensive Gespräche geführt, jedoch macht Ministerin Ahnen sehr deutlich: Die FOS wird an der Realschule plus angesiedelt. Positiv ist zu vermerken, dass eine ganze Reihe neuer beruflicher Gymnasien etabliert werden. Positiv auch, dass ein Kollege mit Unterstützung des VLW das „Schulbuchurteil“ durch alle Instanzen erkämpfen konnte. Deutlich wird langsam, dass sich die Schulträger auch zunehmend den IGS zuwenden und eine solche beantragen. Schlussendlich zeichnet sich ab, dass die BBS in Zukunft durch die Veränderungen der Schullandschaft vor allem im Wahlschulbereich der HBF erhebliche Konkurrenz hinnehmen muss.
Das Jahr 2009 ist das Jahr der 60-Jahr-Feier des VLW. Typisch für den VLW: nach vorne schauen. Mit diversen Workshops zu aktuellen bildungspolitischen Themen wird es auch wieder einen interessanten Beitrag zur Weiterentwicklung der BBS geben. Gut so. Weiter so!